Navigation im antiken Mittelmeer und darüber hinaus

Frühe astronomische Navigationsfähigkeiten der Seefahrer in der europäischen Antike.

Kurzbeschreibung

Die Schülerinnen und Schüler lernen die Navigationsmethoden und die Seefahrt in der Antike und der Bronzezeit kennen. Mit zwei Aktivitäten lernen sie, wie die scheinbaren täglichen Bahnen von Sternen dazu beitragen können, die Himmelsrichtungen zu finden und zu bekannten Zielen im Mittelmeerraum zu steuern.

Diese Ressource ist Bestandteil des Unterrichtspakets "Navigation im Laufe der Geschichte". Mehr über das Paket lesen Sie in der beigefügten Beschreibung. Hier finden Sie alle verwandten Ressourcen in der Kategorie "Navigation im Laufe der Geschichte" und "Sekundarstufe".

Ziele

Mit dieser Aktivität lernen die Schülerinnen und Schüler, dass

  • die Himmelsnavigation bereits vor vielen Jahrhunderten entwickelt wurde.
  • es neben der Orientierung nach dem Polarstern noch andere Methoden gibt, um aus den Positionen der Sterne die Himmelsrichtungen zu bestimmen.
  • antike Seefahrer rfolgreich auf offenem Wasser nach Sternen und Konstellationen navigieren konnten.

Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler werden in der Lage sein:

  • Methoden zur Bestimmung der Himmelsrichtung zu beschrieben.
  • prominente Sternbilder zu benennen.
  • die Eigenschaft von zirkumpolaren Sternen und Konstellationen zu erklären.
  • eine Excel-Datei für Berechnungen zu nutzen.
  • die Bedeutung verbesserter Navigationsfähigkeiten für frühe Zivilisationen zu beschreiben.

Bewertung

Anhand der in der Beschreibung der Aktivität aufgeführten Fragen sollte der Lehrer die Lernenden anleiten, die Positionen und scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper als Indikatoren für die Himmelsrichtungen zu erkennen.

Vor der Bearbeitung von Aktivität 1 sollten sich die Lernenden die bereitgestellte Karte genau ansehen. Ein Planetariumsbesuch kann helfen, sich an die Sternbilder zu erinnern. Lassen Sie die Schüler/innen Konstellationen benennen, die sie bereits kennen.

Fragen Sie die Schüler (siehe Frage und Antwort in der Beschreibung der Aktivität), wo der Polarstern zu sehen ist, wenn er vom Nordpol und Äquator aus beobachtet wird. Dann fragen Sie sie, wie sich diese Position auf Reisen zwischen diesen Orten ändert. Sobald dieses Konzept verstanden ist, führen Sie die Rotation und die scheinbare Bewegung der Sterne ein. Zeigen Sie ihnen das Bild der Sternenspuren und fragen Sie sie, woher sie kommen. Fragen Sie sie, welche der Sterne oder Sternbilder über dem Horizont für die oben genannten Orte auf der Erde verbleiben. Das sind zirkumpolare Sterne und Sternbilder.

Erläutern Sie die Verwendung der Excel-Tabelle, die für Aktivität 2 benötigt wird. Lassen Sie die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse für verschiedene Breitengrade vergleichen.

Diskutieren Sie mit ihnen über die möglichen Gründe für die Seefahrt in den alten Epochen.

Die dritte optionale Aktivität dient als Nachbereitung und kann zur Bewertung dessen dienen, was die Studierenden verstanden haben.

Materialien

Die Liste enthält Elemente, die von einem einzelnen Lernenden benötigt werden. Die Lehrkraft kann beschließen, dass sie in Zweiergruppen arbeiten.

  • Arbeitsblätter
  • Zirkel
  • Bleistift
  • Lineal
  • Rechner
  • Winkelmesser
  • Computer mit installiertem MS Excel
  • Excel-Tabelle: 'NavigationImAntikenMittelmeer-HelleSterne.xlsx'

Hintergrundinformationen

Haupthimmelsrichtungen


Abbildung 1: Scheinbare Tagesbewegung der Sonne in der nördlichen Hemisphäre bei Tagundnachtgleiche. Die Sonne erreicht ihre höchste Erhebung über dem Horizont im Süden. In der südlichen Hemisphäre kulminiert die Sonne im Norden (Tau'olunga, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Equinox-50.jpg,"Equinox-50", horizontales Koordinatensystem und von Markus Nielbock, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode).

Die Himmelsrichtungen werden durch astronomische Prozesse wie die scheinbaren Tages- und Jahresbewegungen der Sonne und die scheinbaren Bewegungen der Sterne definiert. In der Antike und in prähistorischen Zeiten hatte der Himmel sicherlich eine andere Bedeutung als heute. Dies spiegelt sich in den vielen Mythen über den Himmel auf der ganzen Welt wider. Wir können daher davon ausgehen, dass die Vorgänge am Himmel genau beobachtet und überwacht wurden. Dabei waren die zugrunde liegenden Zyklen und sichtbaren Phänomene leicht zu beobachten.

Für jede beliebige Position auf der Erde, mit Ausnahme der Äquatorregion, kulminiert die Sonne immer in derselben Richtung (Abbildung 1). Die Region zwischen den beiden Wendekreisen 23,5° nördlich und südlich des Äquators ist besonders, da die Sonne dort das ganze Jahr über Zenitpositionen am Mittag erreichen kann. In der Nacht drehen sich die Sterne um die Himmelspole. Archäologische Zeugnisse aus prähistorischen Epochen wie Grabstätten und Bauten weisen darauf hin, dass die Himmelsrichtungen schon vor vielen Jahrtausenden in einer Vielzahl von Kulturen allgemein bekannt waren (z. B. McKim Malville & Putnam, 1993; Rudgeley, 2000; Schmidt-Kaler & Schlosser, 1984). Daher ist es offensichtlich, dass sie für die frühe Navigation angewendet wurden. Der magnetische Kompass war in Europa bis zum 13. Jahrhundert n. Chr. unbekannt (Lane, 1963).

Geografische Breite und Länge


Abbildung 2: Darstellung der Definition der Breiten- und Längengrade der Erde (Peter Mercator, djexplo, CC0).

Jeder Ort auf einer Ebene wird durch zwei Koordinaten definiert. Die Oberfläche einer Kugel ist eine gekrümmte Ebene, also macht es wenig Sinn, Koordinaten wie "auf" und "ab" zu verwenden, da die Oberfläche einer Kugel weder einen Anfang noch ein Ende hat. Stattdessen können wir sphärische Polarkoordinaten verwenden, die vom Kugelmittelpunkt ausgehen und den Radius fest halten (Abbildung 2). Zwei Winkelkoordinaten bleiben erhalten. Wenn sie auf die Erde angewendet werden, werden sie Breiten- und Längengrad genannt. Ihre Rotation liefert die Symmetrieachse. Der Nordpol ist definiert als der Punkt, an dem die theoretische Drehachse auf die Kugeloberfläche trifft und die Drehung gegen den Uhrzeigersinn erfolgt, wenn man den Nordpol von oben betrachtet. Der gegenüberliegende Punkt ist der Südpol. Der Äquator ist definiert als der Großkreis auf halbem Weg zwischen den beiden Polen.

Die Breitengrade sind Kreise parallel zum Äquator. Sie werden von 0° am Äquator bis ±90° an den Polen gezählt. Die Längenkreise sind Großkreise, die die beiden Pole der Erde verbinden. Für eine gegebene Position auf der Erde wird der Längengrad, der durch den Zenit führt, also der Punkt direkt über dem Beobachter, Meridian genannt. Das ist die Linie, die die Sonne um 12 Uhr mittags überquert. Der Ursprung dieser Koordinate ist der Null-Meridian und führt durch Greenwich, wo sich das Königliche Observatorium von England befindet. Von dort aus werden Längengrade von 0° bis ±180° gezählt.

Beispiel: Heidelberg in Deutschland liegt bei 49,4° Nord und 8,7° Ost.

Die Polhöhe


Abbildung 3: Sternenspuren am Himmel nach einer Belichtungszeit von ca. 2 Stunden (Ralph Arvesen, Live Oak star trails, https://www.flickr.com/photos/rarvesen/9494908143, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode).

Wenn wir das terrestrische Koordinatensystem der Breiten- und Längengrade auf den Himmel projizieren, erhalten wir das äquatoriale Koordinatensystem des Himmels. Der Äquator der Erde wird zum Himmelsäquator und die geographischen Pole werden zu den Himmelspolen. Wenn wir eine langbelichtete Aufnahme des Nordhimmels machen würden, würden wir an den Spuren der Sterne erkennen, dass sie alle um einen gemeinsamen Punkt kreisen, den Nordhimmelspol (Abbildung 3).


Abbildung 4: Konfiguration der beiden Sternbilder Ursa Major (Große Bärin) und Ursa Minor (Kleine Bärin) am Nordhimmel. Polaris, der Polarstern, der dem wahren himmlischen Nordpol nahe ist, ist der hellste Stern in Ursa Minor (Bonč, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ursa_Major_-_Ursa_Minor_-_Polaris.jpg, “Ursa Major – Ursa Minor – Polaris”, abgeleitet von https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ursa_Major_and_Ursa_Minor_Constellations.jpg, Farben invertiert von Markus Nielbock, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode).

Auf der nördlichen Hemisphäre befindet sich ein mäßig heller Stern in der Nähe des Himmelspols, der Polarstern oder der Polaris. Er ist der hellste Stern im Sternbild Kleine Bärin, Ursa Minor (Abbildung 4). In unserer Zeit ist Polaris weniger als ein Grad entfernt. Vor 1000 Jahren lag er jedoch 8° vom Pol daneben. Deshalb können wir ihn heute als Markierung für die Position des Himmelsnordpols benutzen. Am südlichen Himmelspol gibt es keinen solchen Stern, der mit bloßem Auge zu beobachten ist. Es müssen andere Methoden verwendet werden, um ihn zu finden.

Wenn wir genau am geografischen Nordpol stehen würden, wäre Polaris immer direkt über uns. Man kann sagen, dass seine Höhe (fast) 90° betragen würde. Diese Information führt das horizontale Koordinatensystem ein (Abbildung 5). Es ist die natürliche Referenz, die wir jeden Tag benutzen. Wir, die Beobachter, sind der Ursprung dieses Koordinatensystems, das sich auf einer flachen Ebene befindet, deren Rand der Horizont ist. Der Himmel wird als eine Halbkugel über dem Himmel dargestellt. Der Winkel zwischen einem Objekt am Himmel und dem Horizont ist die Höhe. Die Richtung innerhalb der Ebene wird als Winkel zwischen 0° und 360° angegeben, dem Azimut, der üblicherweise im Uhrzeigersinn von Norden aus gezählt wird. In der Navigation wird dies auch als Peilung bezeichnet. Der Meridian ist die Linie, die Nord- und Südpol am Horizont verbindet und den Zenit passiert.


Abbildung 5: Darstellung des horizontalen Koordinatensystems. Der Beobachter ist der Ursprung der Koordinaten, die als Azimut und Höhe bzw. Höhenwinkel bezeichnet werden (TWCarlson, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Azimuth-Altitude_schematic. svg,"Azimuth-Altitude schematic", Übersetzung von Markus Nielbock, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode).

Für jede andere Position auf der Erde würde der Himmelspol oder Polaris in einer Höhe kleiner als 90° erscheinen. Am Äquator würde er nur den Horizont berühren, d. h. auf einer Höhe von 0° liegen. Die Korrelation zwischen dem Breitengrad (Nordpol = 90°, Äquator = 0°) und der Polhöhe ist kein Zufall. In Abbildung 6 sind alle drei genannten Koordinatensysteme zusammengefasst. Für einen beliebigen Beobachter berührt das lokale horizontale Koordinatensystem auf einer gegebenen Breite der Erde das terrestrische sphärische Polarkoordinatensystem an einem Tangentialpunkt. Die Skizze zeigt, dass die Winkelhöhe des Himmelsnordpols, auch Polhöhe genannt, genau gleich dem nördlichen Breitengrad des Beobachters auf der Erde ist.


Abbildung 6: Bei der Kombination der drei Koordinatensysteme (terrestrisch sphärisch, am Himmel äquatorial, lokal horizontal) wird deutlich, dass der Breitengrad des Betrachters genau der Winkelhöhe des Himmelspols entspricht, auch Polhöhe genannt (M. Nielbock, eigenes Werk).

Daraus können wir schließen, dass wir, wenn wir die Höhe von Polaris messen, unseren Breitengrad auf der Erde mit angemessener Genauigkeit bestimmen können.

Zirkumpolare Sterne und Sternbilder

In der Antike, z. B. in der Bronzezeit, konnte Polaris nicht zur Bestimmung des Nordens herangezogen werden. Wegen der Präzession der Erdachse war der Stern etwa 30° vom Himmelsnordpol entfernt. Stattdessen war in 3500 v. Chr. der Stern Thuban (α Draconis) besser geeignet, da er weniger als 4° davon abwich. Er war jedoch deutlich schwächer als Polaris und mit bloßem Auge vielleicht nicht immer sichtbar.


Abbildung 7: Sternkarten der nördlichen Himmelspolregion für die Jahre 2750 v. Chr. und 2016 n. Chr. (eigene Arbeit, erstellt mit XEphem Version 3.7.6 von Elwood C. Downey produziert und vertrieben von Clear Sky Institute Inc., Solon, Iowa, USA, http://www.xephem.com).

Wenn man den Nachthimmel betrachtet, gehen einige Sterne in einem bestimmten Radius um die Himmelspole herum nie unter; sie sind zirkumpolar (siehe Abbildung 3). Die Navigatoren waren erfahren genug, um die wahre Position des Himmelspols zu bestimmen, indem sie ein paar Sterne in der Nähe beobachteten. Diese Methode funktioniert auch für den südlichen Himmelspol.

Beim Segeln nach Norden oder Süden beobachten die Seeleute, dass bei wechselnder Höhe des Himmelspols sich auch der Zirkumpolarbereich verändert. Wenn Navigatoren also immer dann, wenn sie den gleichen Stern oder die gleiche Konstellation auf gleicher Höhe sehen, d. h. beim Passieren des Meridians, bleiben sie auf dem Breitengrad. Obwohl die gebildeten antiken Griechen mit dem Begriff des Breitengrades der sphärischen Erde vertraut waren, waren die gewöhnlichen Seefahrer es wahrscheinlich nicht. Für sie reichte es aus, den Zusammenhang zwischen der Höhe der Sterne und ihrem Verlauf zu erkennen. Die frühen Seefahrer kannten den Nachthimmel sehr gut. Sie nutzten die relativen Positionen der Konstellation, um ihre Position in Bezug auf den Breitengrad zu bestimmen.

Frühe Seefahrt und Navigation im Mittelmeer

Die Navigation mit Himmelsobjekten ist eine Technik, die lange vor der Erforschung der Erde praktiziert wurde. Heute kennen wir zahlreiche Beispiele von Tieren, die ihren Weg bei Tag oder Nacht am Himmel finden. Bienen und Monarchfalter navigieren mit der Sonne (Sauman et al., 2005), genau wie Stare (Kramer, 1952). Noch beeindruckender ist die Fähigkeit der Vögel (Emlen, 1970; Lockley, 1967; Sauer, 1958) und Robben (Mauck, Gläser, Schlosser, & Dehnhardt, 2008), die die Position der Sterne zur nächtlichen Kursführung bestimmen. In unserer modernen Zivilisation, in der die Städte intensiv beleuchtet sind, können starke Lichter jedoch mit Himmelsobjekten verwechselt werden. Motten benutzen beispielsweise den Mond, um einen konstanten Kurs beizubehalten. Wenn sie von einer Straßenlampe verwirrt sind, kreisen sie bis zur Erschöpfung um sie herum (Stevenson, 2008). Die Lichtverschmutzung stellt daher für viele Tiere eine ernste Bedrohung dar. Das Ausmaß des Problems wird in Abbildung 8 dargestellt.


Abbildung 8: Die Iberische Halbinsel bei Nacht von der Internationalen Raumstation aus gesehen (Bild mit freundlicher Genehmigung der Earth Science and Remote Sensing Unit, NASA Johnson Space Center, Mission-Roll-Frame Nr. ISS040-E-081320 (26. Juli 2014), http://eol.jsc.nasa.gov/SearchPhotos/photo.pl?mission=ISS040& roll=E& frame=081320).

Unter den ersten Menschen, die das offene Meer befahren haben, waren die Ureinwohner Australiens vor rund 50.000 Jahren (Hiscock, 2013). Die ältesten Aufzeichnungen über die Seefahrt im Mittelmeer reichen bis 7.000 v. Chr. zurück (Hertel, 1990), die auf Booten oder kleinen Schiffen durchgeführt wurde. Die Routen waren nur in Küstennähe befahrbar, wo Landmarken zur Navigation zu den gewünschten Zielen beitrugen. Um größere Distanzen zu überbrücken, war ein muskelkraftunabhängiger Antriebsmechanismus erforderlich. Das Segel war daher eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte, ähnlich wie das Rad. Um die Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. segelten ägyptische Schiffe im östlichen Mittelmeer (Bohn, 2011) und etablierten Handelsrouten mit Byblos in Phönizien, dem biblischen Kanaan, dem heutigen Libanon. Die Bronzezeit begann zu dieser Zeit. In dieser Epoche war Zinn ein wichtiger Roh, und die Zinnquellen in Mittel- und Westeuropa lösten in großem Maßstab Handel aus (Penhallurick, 1986). Der Transport über große Entfernungen innerhalb und außerhalb des Mittelmeers wurde mit Schiffen durchgeführt.


Abbildung 9: Karte der Verbreitung der Metallurgie. Bronzezeitliche Zinnvorkommen findet man vor allem an der europäischen Atlantikküste (Markus Nielbock, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Metallurgical_ diffusion_de.svg, gemeinfrei).

Bald erkannten die Seefahrer, dass Himmelskörper, insbesondere Sterne, dabei halfen, den Kurs eines Schiffes zu halten. Solche Fähigkeiten sind in der frühen Literatur erwähnt worden, wie Homers Odyssee, die vermutlich bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht. Die ursprünglichen Quellen stammen vermutlich aus der Bronzezeit, in der die Minoer von Kreta ein besonders einflussreiches Volk waren. Sie lebten zwischen 3650 und 1450 v. Chr. im nördlichen Mittelmeerraum und segelten im Ägäischen Meer. Da viele ihrer sakralen Bauten an den Himmelsrichtungen und astronomischen Phänomenen wie der aufgehenden Sonne und den Tagundnachtgleichen (Henriksson & Blomberg, 2008,2009) ausgerichtet waren, ist es naheliegend zu vermuten, dass sie dieses Wissen auch für die Navigation nutzten (Blomberg & Henriksson, 1999). Die Minoer segelten auf die Insel Thera und nach Ägypten, was sie mehrere Tage über offenes Wasser brachte.


Abbildung 10: Eine Karte Kretas mit antiken minoischen Stätten im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. (Kwbolte Map_Minoan_Crete-en.svg: User: Bibi Saint-Pol, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Map_Minoan_Crete-de.svg, „Map Minoan Crete-de“, Beschriftung ergänzt von M. Nielbock, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode.).

Der griechische Dichter Aratos von Soli veröffentlichte um 275 v. Chr. seine Phainomena (Aratus, Callimachus & Lycophron, 1921), in der er die Positionen von Sternbildern und ihre Abfolge von Auf- und Untergang detailliert beschreibt. Dies war für jeden Navigator eine wichtige Information, um den Kurs beizubehalten. Er hätte sein Schiff einfach auf eine Peilung ausgerichtet und sie einhalten können, mit Hilfe von Sternbildern, die in dieser Richtung auftraten. Der Azimut eines gegebenen Sterns bleibt während des gesamten Jahres konstant, mit Ausnahme einer langsamen Variation von 26.000 Jahren, die durch die Präzession der Erdachse hervorgerufen wird. Interessanterweise passten Aratos Positionen nicht zur späten Bronze- und frühen Eisenzeit, sondern zur Zeit der minoischen Herrschaft (Blomberg & Henriksson, 1999), etwa 2000 Jahre zuvor.

Um 1200 v. Chr. wurden die Phönizier zur dominierenden Zivilisation im Mittelmeerraum. Sie bauten Kolonien an der Süd- und Westküste des Mittelmeers und darüber hinaus. Unter ihnen befand sich auch die Kolonie Gades (heute Cadíz), die vor der Straße von Gibraltar lag und als Handelsplatz für Güter und Rohstoffe aus Nordeuropa diente (Cunliffe, 2003; Hertel, 1990). Mehrere dokumentierte Reisen durch den Atlantischen Ozean führten sie nach Großbritannien und sogar mehrere hundert Meilen südlich entlang der afrikanischen Küste (Johnson & Nurminen, 2009).


Abbildung 11: Der Sternenhimmel mit Peilung von Kreta nach Alexandria für den 22. September 2000 v. Chr., 21:30 UT (Eigenes Werk, erstellt mit Stellarium, freie GNU GPL Software, nach Blomberg & Henriksson (1999), Abbildung 9).

Der griechische Historiker Herodot (ca. 484 - 420 v. Chr.) berichtet von einer phönizischen Expedition des ägyptischen Pharaos Necho II. (610 - 595 v. Chr.), die aus dem Roten Meer aufbrach, um Afrika zu umrunden und über das Mittelmeer nach Ägypten zurückkehrte (Bohn, 2011; Hertel, 1990; Johnson & Nurminen, 2009). Die Seeleute berichteten offenbar, dass die Sonne zeitweise nördlich (Cunliffe, 2003) stand, was nach der Überquerung des Äquators nach Süden zu erwarten ist. All dies spricht für außergewöhnliche Navigationsfähigkeiten. Nachdem die Perser 539 v. Chr. die phönizische Heimat erobert hatten, ging ihr Einfluss zurück, wurde aber von den Nachfahren ihrer Kolonien, den Karthagern, wieder hergestellt.


Abbildung 12: Handelsrouten der Phönizier während der europäischen Bronzezeit (DooFi, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:PhoenicianTrade_EN. svg, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode).

Pytheas

Eine sehr bemerkenswerte und gut dokumentierte Fernreise wurde von antiken Autoren und Gelehrten wie Strabon, Plinius und Diodor von Sizilien beschrieben. Es ist die Reise des griechischen Astronomen, Geographen und Entdeckers Pytheas (ca. 380 - 310 v. Chr.) aus Marseille, der um 320 v. Chr. das Mittelmeer verlassen hat, an der europäischen Westküste entlang gereist ist und es bis nach Norden zu den Britischen Inseln und jenseits des Polarkreises geschafft hat, wo er möglicherweise Island oder die Färöerinseln erreichte, die er Thule nannte (Baker & Baker, 1997; 1893).

Massalia (oder Massilia), wie Marseille damals genannt wurde, wurde um 600 v. Chr. von den griechischen Phöniziern gegründet und entwickelte sich schnell zu einem der größten und reichsten griechischen Vorposten im westlichen Mittelmeerraum mit starken Handelsbeziehungen zu keltischen Stämmen, die den größten Teil Europas besiedelten (Cunliffe, 2003). Pytheas wurde in der Spätbronzezeit geboren, als der Handel mit den Regionen Nordeuropas florierte. In der griechischen Geographie war über diesen Teil der Welt nicht viel bekannt, außer dass die Barbaren, die dort lebten, Zinnerz förderten und den kostbaren Bernstein lieferten, den das ganze Mittelmeer so verzweifelt begehrte. Vielleicht war es aus reiner Neugier, dass Pytheas sich aufmachte, um diese Ufer zu erkunden.


Abbildung 13: Statue von Pytheas, errichtet am Palais de la Bourse in Marseille zu Ehren seiner Leistungen (Rvalette, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pythéas.jpg,"Pythéas", https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode). Seine Reise war ein Meilenstein, denn Pytheas war ein Wissenschaftler und ein Meister der Kunst.

Seine Reise war ein Meilenstein, denn Pytheas war ein Wissenschaftler und ein großartiger Beobachter. Er benutzte einen Gnomon oder eine Sonnenuhr, die ihm erlaubte, seinen Breitengrad zu bestimmen und die Zeit während seiner Reise zu messen (Nansen, 1911). Er bemerkte auch, dass im Sommer die Sonne in den höheren Breiten länger schien. Außerdem war er der erste, der einen Zusammenhang zwischen den Gezeiten, die im Mittelmeer praktisch nicht vorhanden sind, und den Mondphasen feststellte (Roller, 2006).


Abbildung 14: Die Reise des Pytheas von Massalia gemäß Cunliffe (2003) (ESA/Cunliffe, http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2005/09/The_journey_of_Pytheas, http://www.esa.int/spaceinimages/ESA_Multimedia/Copyright_Notice_Images).

Glossar

Großkreis
Ein Kreis auf einer Sphäre, dessen Radius identisch mit dem Radius der Sphäre ist.

Kulmination
Die Passage eines Himmelsobjekts durch den Meridian. Diese Objekte nehmen dort ihre größte oder niedrigste Winkelhöhe über dem Horizont ein.

Meridian
Eine Linie, die Norden und Süden am Horizont durch den Zenit verbindet.

Polhöhe
Die Winkelhöhe eines Himmelspols. Der Wert entspricht dem Breitengrad des Beobachters auf der Erde, der die Polhöhe misst.

Präzession
Neben der Rotation eines Kreisels oder eines jeden sich drehenden Körper bewegt sich die Drehachse oft ebenfalls im Raum. Seine Bewegung entspricht der einer Drehung entlang eines Kegelmantels. Diese Achsendrehung nennt man Präzession. Der vollständige Zyklus der Präzession der Erdachse beträgt etwa 26000 Jahre.

Scheinbare Bewegung
Die Bewegung von Himmelsobjekten, die tatsächlich durch die Rotation der Erde hervorgerufen wird.

Sonnenuhr
Ein Objekt, das einen Schatten durch Beleuchtung durch die Sonne erzeugt. Die Orientierung und die Länge des Schattens ermöglichen die Bestimmung der Uhrzeit und des Breitengrads.

Sphärische Polarkoordinaten
Das natürliche Koordinatensystem einer flachen Ebene ist das kartesische Koordinatensystem. Es misst Entfernungen in zwei zueinander senkrechten Richtungen (vor, zurück, links rechts). Für eine Sphäre ist solch ein System nicht sinnvoll, weil sie weder einen Anfang noch ein Ende hat. Stattdessen ist der Aufhängepunkt das Zentrum der Sphäre. Betrachtet man eine Projektion vom Zentrum auf die Oberfläche einer Sphäre, so kann jeder Punkt darauf durch zwei Winkel bestimmt werden, während einer davon sich auf die Rotationsachse bezieht. Die Entfernung vom Zentrum der Sphäre stellt die dritte Dimension dar, so dass jeder Punkt innerhalb der Sphäre eindeutig gekennzeichnet ist. Bei Punkten auf der Oberfläche entspricht die Entfernung dem konstanten Radius der Sphäre.

Winkelhöhe bzw. Elevation
Die Winkeldistanz zwischen einem Himmelsobjekt und dem Horizont.

Zenit
Der Punkt am Himmel direkt über einem Beobachter.

Zirkumpolar
Eigenschaft eines Himmelsobjekts, das während seiner scheinbaren Drehung um einen Himmelspol niemals untergeht.

Vollständige Beschreibung der Aktivität

Einleitung

Es wäre vorteilhaft, wenn die Tätigkeit in einen größeren Kontext der Seefahrt integriert würde, z. B. in Geographie, Geschichte, Literatur usw.

Tipp: Diese Aktivität kann mit anderen Formen des Wissenserwerbs kombiniert werden, wie z. B. einer mündlichen Präsentation in Geschichte, Literatur oder Geographie mit Schwerpunkt Navigation. Das würde das Feld auf eine viel interaktivere Weise vorbereiten, als es ein Lehrer durch Zusammenfassung der Fakten erreichen kann.

Zur Einführung stehen gute Dokumentationen zur Erkundung der Ozeane zur Verfügung. Als Einleitung zur Himmelsnavigation und den frühen Navigatoren können die Schülerinnen und Schüler sich die nachfolgenden Videos ansehen. Einige davon sind in englischer und französischer Sprache und können somit in dem entsprechenden Unterricht behandelt werden.

Koordinaten und das Gradnetz der Erde - Unser Planet 2 (Dauer: 8:25)
https://www.youtube.com/watch?v=ieh-yGHD1HI

Orientierung mit Sonne, Mond & Sternen (Dauer: 9:49)
https://www.youtube.com/watch?v=yIXsByRJDFM

Es war einmal ... Abenteurer und Entdecker: Folge 1 – Die ersten Seefahrer (Dauer: 25:00)
https://goo.gl/xa43LG (kostenlos über Amazon Prime)

Die griechische Kolonisation - Die Gesellschaft im antiken Griechenland (Dauer: 3:25)
https://www.youtube.com/watch?v=5U1obtvNus8

Episode 2: Celestial Navigation (Englisch, Dauer: 4:39)
https://www.youtube.com/watch?v=DoOuSo9qElI

The Ancient History of Humans and the Sea (Englisch, Dauer: 2:20)
https://www.youtube.com/watch?v=SPj6cqhrpVY

The Story of Pytheas (Englisch, Dauer: 1:28)
https://www.youtube.com/watch?v=AIaMKCLa-kQ

Pythéas, un Massaliote méconnu (Französisch, Dauer: 9:57)
https://www.youtube.com/watch?v=knBNHbbu-ao

Fragen Sie die Schülerinnen und Schüler, ob sie eine Vorstellung davon hätten, wie lange die Menschheit bereits Schiffe nutzt, um die Meere zu überqueren. Hier kann als Hilfe die Ausbreitung des Homo sapiens zu Inseln und isolierten Kontinenten wie Australien genannt werden.

Mögliche Antworten:
Wir wissen sicher, dass Schiffe große Distanzen bereits mindestens seit 3000 v. d. Z. überquert haben. Allerdings müssen die frühen Siedler Australiens einen Weg gefunden haben, um 50000 v. d. Z. die Meerenge von Südostasien aus zu passieren.

Fragen Sie sie, was nach ihrer Ansicht die Motivation und der Nutzung der Seefahrt war. Vielleicht kennt jemand historische Kulturen und Völker, die berühmte Seefahrer waren. Die Diskussion kann dadurch unterstützt werden, dass einige Beispiele für antike, seefahrende Völker des Mittelmeers genannt werden.

Mögliche Antworten:
Die Suche nach neuen Rohstoffen und Nahrung, Handel, Entdeckergeist, Neugier.

Fragen Sie die Schülerinnen und Schüler, wie sie ihren täglichen Weg zur Schule finden. Wie orientieren sie sich, um sich nicht zu verlaufen? Sobald Referenzpunkte (Gebäude, Ampeln, Kreuzungen, Bushaltestellen, usw.) genannt werden, fragen Sie die Schülerinnen und Schüler, wie sich Navigatoren auf offener See orientieren. In frühen Zeiten blieben die Schiffe in der Nähe der Küste. Leuchttürme verbesserten die Situation.

Der Magnetkompass ist eine recht späte Erfindung des 11. Jh. und wurde in Europa nicht vor dem 13. Jh. benutzt. Was aber könnte auf dem Meer als Referenzpunkte dienen? Wahrscheinlich werden die Schülerinnen und Schüler bald Himmelsobjekte wie die Sonne, den Mond und die Sterne nennen.

Mögliche Fragen, die sich speziell auf Pytheas beziehen

F: Wer war Pytheas?
A: Er war eine antiker griechischer Wissenschaftler und Entdecker.

F: Wo und wann lebte er?
A: Er lebte im 4. Jh. v. d. Z. während der späten Bronzezeit in Massalia, heute Marseille.

F: Wohin reiste er?
A: Pytheas reiste nordwärts entlang der europäischen Atlantikküste nach Britannien und wahrscheinlich zum Polarkreis und nach Island.

F: Was hat er während seiner Reise beobachtet und entdeckt?
A: Er war der erste Grieche, der so weit nach Norden reiste. Er bemerkte, dass die Tageslänge vom Breitengrad abhängt. Er vermutete auch als erster einen Zusammenhang zwischen den Gezeiten und den Mondphasen.

Aktivität 1: Zirkumpolare Konstellationen und Sterne

Benötigte Materialien:

  • Arbeitsblätter
  • Zirkel
  • Bleistift
  • Lineal
  • Taschenrechner

Da sich in antiker Zeit kein heller Stern an den Himmelspolen befand, haben die Seefahrer andere Methoden genutzt, um über die Polhöhe die eigene Position zu bestimmen, so z. B. mittels zirkumpolaren Sternen. Solche Sterne befinden sich immer über dem Horizont. Als Messung diente die Beobachtung solcher zirkumpolarer Sterne und Sternkonstellationen, die abhängig vom Breitengrad in verschiedener Höhe über dem Horizont kulminieren. Diese Technik werden die Schülerinnen und Schüler anhand einer Sternkarte nachvollziehen.

Um das Phänomen von zirkumpolaren Sternen zu demonstrieren, sollten sich die Schülerinnen und Schüler die folgenden Animationen ansehen. Sie zeigen, wie sich die zirkumpolaren Sterne an zwei Orten (Heidelberg und Lissabon bzw. Havanna) unterscheiden.

CircumpolarStars Heidelberg 49degN (Dauer: 0:57)
https://youtu.be/uzeey9VPA48

CircumpolarStars Habana 23degN (Dauer: 0:49)
https://youtu.be/zggfQC_d7UQ

Die Schülerinnen und Schüler sollen beschreiben, was ihnen auffällt. Sie werden erkennen, dass

  1. es immer Sterne und Konstellationen gibt die stets über dem Horizont bleiben. Das sind die zirkumpolaren Sterne.
  2. die Polhöhe, ermittelt durch die Winkelhöhe von Polaris über dem Horizont, vom Breitengrad abhängt. Tatsächlich sind diese Winkel identisch.
  3. die zirkumpolare Zone vom Breitengrad abhängt. Sie ist größer für Positionen näher am Pol.

Falls die Schülerinnen und Schüler mit der Nutzung einer drehbaren Sternkarte vertraut sind, können sie dasselbe Phänomen durch die beiden folgenden Videos untersuchen. Sie zeigen die Rotation des Sternhimmels für die Breitengrade von 45° und 20° Nord.

CircumPolarStars phi N45 (Dauer: 0:37)
https://youtu.be/VZ6RmdzbpPw

CircumPolarStars phi N20 (Dauer: 0:37)
https://youtu.be/Uv-xcdqhV00

Der durchscheinende Bereich zeigt den zu einer bestimmten Zeit sichtbaren Himmel. Der gestrichelte Kreis gibt die Zone der zirkumpolaren Sterne an.

Verständnisfragen

F: Was ist das Besondere an den beiden geografischen Polen im Gegensatz zu allen anderen Punkten auf der Erde?
A: Sie definieren die Rotationsachse.

F: Wie findet man Norden und die anderen Haupthimmelsrichtungen ohne Magnetkompass?
A: Himmelskörper, z. B. Sterne wie Polaris

F: Warum zeigt der Polarstern (Polaris) Norden an?
A: Zu unserer Zeit befindet er sich in der Nähe des nördlichen Himmelspols.

F: Wo am Himmel würde sich der Himmelsnordpol befinden, wenn du genau auf dem geografischen Nordpol der Erde stehst?
A: Im Zenit, also direkt über mir.

F: Wie würde sich sein Ort verändern, wenn du in Richtung Äquator reist?
A: Seine Höhe würde allmählich vom Zenit zum Horizont wandern.

F: Was sind zirkumpolare Sterne/Sternbilder?
A: Sie bewegen sich um den Himmelspol herum und gehen niemals unter. Sie befinden sich immer über dem Horizont.

F: Welche der sichtbaren Konstellationen wären zirkumpolar, wenn genau am Nordpol/Südpol/Äquator stündest?
A: An den Polen wäre das die gesamte jeweilige Hemisphäre. Am Äquator gibt es keine zirkumpolaren Sternbilder.

F: Falls der Polarstern nicht sichtbar wäre, wie könntest du deinen Breitengrad oder Ort auf der Erde dennoch bestimmen?
A: Da die zirkumpolaren Sterne und Konstellation genau wie die Höhe von Polaris vom Breitengrad abhängen, zeigen die Sternbilder, die gerade noch über dem Horizont bleiben, den Breitengrad an.

Aufgabe

Die Aufgabe ist nun, in die Fußstapfen der Seeleute von vor 5000 Jahren zu treten. Die Schülerinnen und Schüler werden diejenigen Sternbilder bestimmen, die von sechs verschiedenen Orten auf der Erde aus zirkumpolar sind.

Die Tabelle 1 enthält die Namen von sechs Orten und ihre Breitengrade φ. Negative Werte zeigen Orte auf der Südhalbkugel an. In eine siebte leere Zeile können die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Ort eintragen. Mit diesen Daten sollen sie die Winkelradien ρ auf einer Sternkarte bestimmen, welche das jeweils dazugehörige zirkumpolare Gebiet angeben. Die Rechnung ist sehr einfach, da gilt:

φ = ρ

Sie wählen aus zwei Karten diejenige aus, die zur Halbkugel passt. Dann zeichnen sie mit einem Zirkel die dazu passende zirkumpolare (kreisförmige) Zone ein. ρ bezeichnet den Radius dieses Kreises. Die Druck- und Kopiervorlage ist so gestaltet, dass der Maßstab 10° pro cm entspricht. Die Sternbilder und Sterne innerhalb des Kreises sind zirkumpolar. Die gerade noch vollständig oder teilweise sichtbaren Sternbilder werden in die Tabelle eingetragen. Mögliche Lösungen sind in der nachfolgenden Tabelle kursiv eingetragen, sind jedoch in den Arbeitsblättern nicht enthalten.

Detaillierte Instruktionen

  1. Bestimme den Maßstab der Karte (Umrechnung von Winkelgrad in Zentimeter auf dem Papier). Das Winkelmaß zwischen einem Pol und dem äußeren Kreis, dem Himmeläquator, beträgt 90°.
  2. Rechne die Breitengrade in der Tabelle in Radien auf den Sternkarten um und füge sie in die Tabelle ein.
  3. Für jeden Ort:
    1. Wähle die passende Sternkarte aus.
    2. Benutze den Zirkel, um einen Kreis mit dem vorher bestimmten Radius einzuzeichnen.
    3. Finde und notiere die zirkumpolaren Sternbilder in der Tabelle. Falls es zu viele sind, nenne nur die Wichtigsten.

Tabelle 1: Liste mit Orten und ihren Breitengraden. Die Lösungen der Aktivität 1 sind in kursiv eingefügt.

Ort Breitengrad (°) Kartenradius (cm) Sternbilder
Tunis
(antikes Karthago,
Tunesien)
36.8 3.7 Große Bärin (großer Wagen), Kleine
Bärin, Drache, Kepheus, Kassiopeia
Kapstadt
(Südafrika)
-33.9 3.4 Kreuz des Südens, Pfau, Achernar,
Carina (Kiel des Schiffs), Toliman des
Zentauren
Plymouth
(Großbritannien)
50.4 5.0 Große Bärin (großer Wagen), Kleine
Bärin, Drache, Kepheus, Kassiopeia,
Perseus, Teil des Schwans inkl. Deneb
Wellington
(Neuseeland)
-41.3 4.1 Carina (Kiel des Schiffs) inkl.
Canopus, Altar, Maler, Schwertfisch
Mumbai
(Indien)
19.0 1.9 Kleine Bärin
Grytviken
(Südgeorgien)
-54.3 5.4 Zentaur, Wolf, Großteil des Achter-
decks des Schiffs, Phönix, Kranich


Diskussion

In antiken Zeiten befand sich der Polarstern nicht am Himmelsnordpol. Erkläre, warum die zirkumpolaren Sternbilder und Sterne für die Seefahrer wichtig waren.

Mögliches Ergebnis:
Sie dienten als hervorragendes Werkzeug, um auf dem eigenen Breitengrad zu bleiben oder den Kurs zu einem Ziel zu finden. Sie halfen, auf offener See die Orientierung zu behalten.

Lösung

Der Maßstab beträgt: 1 cm entspricht 10°

Nordhimmel

Südhimmel

Die Sterne weisen den Weg

Benötigte Materialien:

  • Arbeitsblätter
  • Geodreieck
  • Bleistift
  • Evtl. Schere, Pappe der Größe A4 und Klebstoff
  • Computer mit MS Excel
  • Excel-Tabelle: NavigationImAntikenMittelmeer-HelleSterne.xlsx

In Abwesenheit eines Sterns wie Polaris, der auf einen Himmelspol hinweist, benutzten die alten Seefahrer andere Sterne und Konstellationen, um die Richtung und den Kurs ihres Schiffes zu bestimmen. Sie erkannten, dass sich die Positionen, an denen sie am Horizont erscheinen und verschwinden (die Peilungen), während ihres Lebens nicht ändern. Erfahrene Navigatoren kannten die hellsten Sterne und Sternbilder auswendig.

Verständnisfragen

F: Kann man die Haupthimmelsrichtungen von anderen Sternen als Polaris ableiten? Bedenke, dass es solch einen Stern am Südpol nicht gibt.
A: Ja. Wenn man die Sterne und die Sternbilder kennt, können sie einem den Weg weisen, da sie je den Tag auf die gleichen Positionen zurückkehren.

F: Warum kann man aufgehende und untergehende Sterne und Sternbilder benutzen, um einen Kurs auf hoher See zu steuern?
A: Ihre Positionen am Horizont während ihres Auf- und Untergangs ändern sich nicht (bis auf eine sehr langsame Verschiebung).

F: Wärst du in der Lage, im Laufe des Jahres jeden Abend die gleichen Sterne zu sehen?
A: Nein, die Zeit des Aufgangs und des Untergangs ändert sich. Die Sterne, die nur in den Winternächten sichtbar sind, sind während der Sommertage unsichtbar.


Abbildung 14: Peilung von ausgewählten aufgehenden, hellen Sternen für einen Breitengrad von 45° und einer Winkelhöhe von 10° über dem Horizont (eigenes Werk).

Aufgabe

Die Schülerinnen und Schüler erstellen einen Sternenkompass ähnlich wie in Abbildung 14. Die Berechnungen, die nötig sind, um die Himmelskoordinaten der Sterne in horizontale Koordinaten, d. h. Azimut und Höhe, umzurechnen, sind ziemlich komplex. Daher wird für diese Aktivität eine Excel-Datei bereitgestellt, die dies für sie erledigt. Sie besteht aus 57 hellen Sternen und den Plejaden, einer sehr markanten Gruppe von Sternen.

Sie müssen nur den Breitengrad ihres Standortes und die Höhe der Sterne in der entsprechenden Zeile am Ende der Tabelle eingeben. Für die Winkelhöhe ist 10° ein guter Wert. Das bedeutet, dass sie die Azimute der Sterne erhalten, wenn sie auf einer Höhe von 10° beobachtet werden. Man kann auch andere Werte verwenden, aber diese Übung ist dafür gedacht, Sterne zu finden, die gerade auf- oder untergehen. Der Azimut ist ein Winkel entlang des Horizontes, der im Uhrzeigersinn von Norden her läuft.

Die letzten beiden Spalten (AZ1, AZ2) zeigen dann zwei Azimutwinkel an, einen bei aufgehendem Stern und einen bei untergehendem Stern. Beachten Sie, dass die Verteilung der Azimutwinkel für auf- und untergehende Sterne symmetrisch relativ zum Meridian ist, d. h. zur Linie, die Nord und Süd verbindet. Die Zellen, die #NA zeigen, enthalten keine gültigen Zahlen. Diese Sterne werden nie auf- oder untergehen. Sie sind entweder zirkumpolar oder unter dem Horizont.

Die Schülerinnen und Schüler übertragen die Werte in den nachfolgenden Sternenkompass. Sie benutzen einen Winkelmesser und markieren die Position eines jeden Sterns auf dem Kreis. Dann schreiben sie seinen Namen daneben.

Zur Verbesserung der Stabilität kann der Kompass auf ein Stück Pappe aufgeklebt und ausgeschnitten werden.

Diskussion

Eine der Methoden, um durch das antike Mittelmeer zu navigieren, war es, nahe an den Ufern zu bleiben. Neben der Gefahr von flachen Gewässern, erkläre, warum die bronzezeitlichen Seefahrer Methoden hatten, die ihnen eine sichere Navigation auf offenen Meeren ermöglicht hätten. Vielleicht möchtest du dir eine Karte des Mittelmeeres ansehen.

Mögliche Antworten:
Die alten Völker besuchten die Inseln auch zu Handelszwecken oder aus anderen Gründen. Viele von ihnen sind von den Küsten des Mittelmeeres aus nicht sichtbar. Oftmals würden die Reisen auch länger dauern als nur wenige Stunden. Schiffe dieser Zeit konnten durchschnittlich fünf Seemeilen pro Stunde zurücklegen. Es gibt zudem Berichte, die durch die Jahrhunderte überliefert wurden und uns von der Himmelsnavigation erzählen.

Aktivität 3: Orientiere dich am Himmel (optional)

Benötigte Materialien:

  • Ergebnisse der vorherigen Aktivitäten
  • Tragbare rote Lampe, z. B. eine abgedunkelte Taschenlampe oder eine Taschenlampe mit einem roten Filter
  • Falls vorhanden, ein Magnetkompass

Nichts ist lehrreicher, als das theoretisch Erlernte und Geübte unter realen Bedingungen anzuwenden. Die Ergebnisse der beiden vorangegangenen Aktivitäten können daher durch Beobachtung des Nachthimmels im Feld getestet werden.

Diese Aktivität kann von den Schülerinnen und Schülern selbst zu Hause oder als Gruppenaktion mit der Klasse durchgeführt werden.

Wählen Sie einen klaren Abend und einen Platz mit guter Sicht auf den Horizont. Sobald es dunkel genug ist, um die Sterne zu sehen, lassen Sie die Schüler ihre Karten mit den Zirkumpolarbereichen aus Aktivität 1 mit ihren abgedunkelten Lampen betrachten. Eine gedämpfte Taschenlampe – noch besser: eine rote – hilft, die Augen an die Dunkelheit anzupassen.

Nachdem Sie die hellsten Sterne identifiziert haben, lassen Sie sie ihre Sternkompasse aus Aktivität 2 verwenden. Die Schülerinnen und Schüler sollten die Markierungen eines oder mehrerer Sterne auf die Sterne am Himmel richten. Lassen Sie sie Norden (oder Süden, je nachdem, welcher Himmelspol von Ihrem Standort aus sichtbar ist) identifizieren. Entspricht das auf der Nordhalbkugel der Richtung zum Nordstern, Polaris? In der südlichen Hemisphäre könnte ein magnetischer Kompass erforderlich sein.

Lassen Sie die Schülerinnen und Schüler die Sternbilder, die sie am Himmel sehen, auf ihren Karten identifizieren. Bitten Sie sie, nach Norden (Süden in der südlichen Hemisphäre) zu schauen und die Sterne und Sternbilder zu benennen, die sich direkt über dem Horizont befinden. Stimmt das mit den Karten überein? Beachten Sie, dass es einen Kreis geben sollte, der den zirkumpolaren Bereich für die lokale Breite angibt.

Versuchen Sie hervorzuheben, dass die Schüler durch diese Aktivität arbeiten wie die Navigatoren vor 4000 Jahren.

Lehrplan

Space Awareness curricula topics (EU and South Africa)

Navigation through the ages, Koordinatensysteme, Himmelsnavigation

Fazit

Diese Lektion bietet einen Einblick in die Navigationsmethoden der mediterranen Völker der Bronzezeit. Die Studierenden erforschen die Verbindung zwischen Geschichte und astronomischem Wissen. Neben einem Überblick über die uralte Seefahrt im Mittelmeerraum nutzen die Schülerinnen und Schüler die Aktivitäten, um frühe Navigationstechniken anhand der Sterne und Konstellationen und ihrer scheinbaren nächtlichen Bewegung am Himmel zu erforschen. Im Laufe der Aktivitäten lernen sie die Sternbilder und ihre Verteilung am Nord- und Südhimmel kennen.

Diese Ressourcen wurden von Markus Nielbock (Haus der Astronomie) entwickelt, von astroEDU begutachtet und von Space Awareness überarbeitet.

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Lehrplanthema
Koordinatensysteme, Himmelsnavigation
Übergeordnetes wissenschaftliches Konzept
Schlüsselwörter
Navigation, Astronomie, Antike, Bronzezeit, Geografie, Sterne, Polaris, Polarstern, Breitengrad, Meridian, Polhöhe, Zirkumpolar, Mittelmeer
Altersgruppe
14 - 19
Bildungsebene
Middle School, Secondary
Zeit
1h30
Gruppengröße
Group
Überwachung aus Sicherheitsgründen
No
Kosten
Low Cost
Ort
Small Indoor Setting (e.g. classroom)
Kernkompetenzen
Asking questions, Developing and using models, Planning and carrying out investigations, Analysing and interpreting data, Using mathematics and computational thinking, Communicating information
Art der Lernaktivität
activities.MetadataOption.None
Autor der Aktivität
Markus Nielbock, Haus der Astronomie
Archive
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